Biographische Angaben zu
Karl I. Solibakke, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

1959 in Annapolis, Md. (USA) geboren, schloß Karl Solibakke 1981 ein Studium der Musikwissenschaft mit Schwerpunkt Operngeschichte an der University of Maryland in College Park ab. Daraufhin wurde er von der deutsch-amerikanischen Fulbright-Kommission mit einem zweijährigen Stipendium an der Universität Tübingen ausgezeichnet, wo er unter Georg von Dadelsen ein Forschungsprojekt zur Formgebung und Entwicklung des Rezitativs in den Opern Giuseppe Verdis ausführte. Zwischen 1985 und 1999 war er als Schulleiter und Distrikt-Manager auf dem Sektor der Erwachsenenbildung und der betrieblichen Aus- und Weiterbildung tätig. Von 1999 bis 2002 absolvierte er ein Magisterstudium an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf in den Fächern Germanistik, Sprachwissenschaften und Philosophie. 2003 erfolgte die Promotion mit einer interdisziplinären Arbeit, die den Titel trägt: Geformte Zeit. Musik als Diskurs und Struktur bei Bachmann und Bernhard. Im Rahmen der Dissertation werden die romantischen Musikphilosophien Schellings, Hegels, Schopenhauers, Richard Wagners und Adornos mit den neuesten, schrift- und kulturtheoretischen Ansätzen in der germanistischen Disziplin verglichen. Seine Forschungsergebnisse dienen der Analyse der komplexen Klangdiskurse und musikalischen Textstruktur in den Werken Ingeborg Bachmanns und Thomas Bernhards. Die Arbeit erscheint 2004 im Druck.


Abstract
Das dialektische Bild Benjamins: Genese und Morphologie einer Konfiguration

Karl Ivan Solibakke, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Die Genese und Verwandlung des dialektischen Bildes bei Benjamin umfassen erkenntnistheoretische und diskursive Momente, die nicht nur auf raum-zeitlichen Wahrnehmungsmodalitäten basieren, sondern auch sinnliche und mnemotechnische Verweisungszusammenhänge beanspruchen.
Es soll daher versucht werden, das ‚dialektische Bild’ philosophisch und philologisch zu ergründen, um den disparaten Elementen der Bildkategorien Benjamins gerecht zu werden. Hierzu gehören u.a. im philosophischen Bereich: das Ideal Platons, die Entelechielehre des Aristoteles und die Anbindungen an die Monadologie, hingegen im philologischen Bereich: die Diskursivierung von Traum und Erwachen, die Differenzierung von Symbol und Allegorie und die Erschließung des „stereoskopischen Blickes“, dessen Erweiterung der Sinneswahrnehmung auf die virtuelle Reinszenierung einer Totalität aktueller und historischer Bildercodes im Passagen-Werk Benjamins hinweist.
So überschreitet Benjamins Bilddialektik das bloß Visuelle und Zeichenhafte, um weitreichende mnemotechnische Umformulierungen vorzunehmen. Damit erweist sich die Funktionalisierung der Platonischen Anamnesislehre, die Benjamin im Verfahren der konstellativen Umschreibung der Vergangenheit aus der Zeitdichte der Gegenwarts-wahrnehmung erprobt, als zugleich zeitgebundenes und zeitloses Denkmodell, das im Zeichen des ‚Urphänomens’ Goethes steht.
Ausgehend von dem Reflexionsmodell in der Dissertation, der Thematisierung von Idee und Allegorie im Trauerspielbuch, ausgewählten Bildstrukturen in Berliner Kindheit um 1900 und dem Begriff des ‚Chocks’ im Baudelaire-Buch lassen sich unterschiedliche Seiten von Benjamins Bildtheorie(n) erschließen und für weitere Textanalysen operabel machen.
Ebenfalls gilt es, der Frage nach Benjamins Textbegriff nachzugehen, um die Eignung der Schrift als Medium für die Übertragung und Übersetzung von dialektischen Bildern zu überprüfen. Damit werden mögliche Einlaßstellen im Werke Benjamins zu Tage gefördert, die der weiteren Arbeit an den Denkmodellen von Leibniz und Block dienen sollen.