Raum und Zeit als Prinzip Hoffnung im heutigen Islam
Sabine Kebir (Berlin)
Für die Profiteure der Globalisierung stellt die jederzeit gesicherte Offenheit
aller Räume, ja, die jederzeit "offene Gesellschaft" das wichtigste Ideologem
dar. Für die Opfer der Globalisierung ist ihre Souveränität über Raum und Zeit
einer der höchsten Werte, der notfalls mit hohem Einsatz verteidigt werden muß.
Für besondere Sensibilität der islamischen Gesellschaften in diesem Punkt sorgt
sowohl die Erfahrung der kolonialen Vergangenheit als auch eine präzisere
(materielle) Vorstellung vom Raum als die christlichen Kulturen sie
hervorgebracht haben: Der Islam hat von Anfang an Raum beansprucht, das
Christentum beanspruchte jahrhundertelang nur die Herzen und Seelen der Menschen.
Dies änderte sich bezeichnenderweise erst, nachdem es zur Staatsreligion
geworden, der semitische Kulturraum in der Konkurrenz zu Byzanz erstarkte und
sich mit dem Islam schließlich eine einheitliche Religion schuf.
Die islamische Kultur ist heute selbst in Globalisierungsgewinner und
Globalisierungsverlierer gespalten. Es ist zu zeigen, daß das unterschiedliche
Verhältnis zu Raum und Zeit in der islamischen Kultur selbst nur noch teilweise
religiös, oft auch politisch motiviert ist.